Factsheet: Heiko Heinisch

Published on 29 Aug 2024

IMPACT: Heiko Heinisch ist ein deutscher politischer Kommentator und Autor zum Thema Islamismus. Heinisch gilt in Kreisen der rechtspopulistischen österreichischen Volkspartei und österreichischen Medien oft als Experte für Islam und Islamismus. Er ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der österreichischen Dokumentationsstelle Politischer Islam, einer staatlich finanzierten Stelle zur Überwachung, Beobachtung und Kartierung von Muslimen in Österreich.

Heiko Heinisch ist Autor und Kommentator mit einem Master-Abschluss in deutscher Geschichte. Er wurde 1966 in Offenbach am Main geboren und hat Bücher über Antisemitismus, den Holocaust und Islamismus veröffentlicht. Während er heute mit vielen Institutionen verbunden ist, die der Mitte-Rechts-ÖVP nahestehen, hat Heinisch eine der Öffentlichkeit unbekannte Vergangenheit mit der extremen Linken; eine Zeitungsausgabe des TABlatt von 1991, das vom Geheimdienst als linksextremistisch charakterisiert wird, listet Heinisch als Befürworter der Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen auf. Zu seinen Forschungen und Publikationen gehören eine (veröffentlichte) Zusammenarbeit mit Nina Scholz über den Antisemitismus im Wiener Klerus der Zwischenkriegszeit (2001), ein Artikel (2003) über den Antisemitismus in der christlichen Tradition in Heimo Halbrainers “Feindbild Jude” Zur Geschichte des Antisemitismus, sowie 2005 das Buch “Hitlers Geiseln. Hegemoniale Pläne und der Holocaust“.

Heinisch ist derzeit wissenschaftlicher Beirat der 2020 gegründeten Dokumentationsstelle Politischer Islam, das von der Republik Österreich finanziert wird. Das Zentrum wird von einer ehemaligen Mitarbeiterin des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) geleitet. Der Beirat wird von Mouhanad Khorchide geleitet und hat Lorenzo Vidino als Mitglied. Ziel ist die Beobachtung und Überwachung des sogenannten “politischen Islam”, den der katholische Theologe Franz Winter als “politischen Aktivismus” kritisiert. 

Heinisch schrieb früher für das Ludwig-Boltzmann-Institut für historische Sozialwissenschaften in Wien sowie das Institut für Islamische Studie an der Universität Wien. Letzteres wurde von Ednan Aslan geleitet, einem Befürworter der antimuslimischen Politik der österreichischen Regierung. Er führte regelmäßig Studien durch, um die Behauptungen der Regierung zu unterstützen. Heinisch war auch Mitglied des Expert_Forum Deradikalisierung und Prävention der Stadt Wien, das 2015 gegründet wurde. Im November 2016 veröffentlichte das Forum Empfehlungen, die unter anderem die Schaffung von “Mindeststandards für private Religions- und Korankurse” inkludierten.

Die meisten von Heinischs Publikationen sind in Zusammenarbeit mit Nina Scholz entstanden. Obwohl beide keine Expertise in Sachen Islam, islamische Geschichte oder Muslime in Europa haben, schreibt Heinisch heute hauptsächlich über diese Themen. Im Jahr 2012 haben beide gemeinsam das Buch „Europa, Menschenrechte und Islam – ein Kulturkampf?“ veröffentlicht. Der Beamte Ercan Nik Nafs und der bekannte antimuslimische Schriftsteller Ahmad Mansour stellten das Buch vor. Ein weiteres Buchgespräch führten die Autoren mit der preisgekrönten antimuslimischen Autorin Necla Kelek und einem ehemaligen Politiker. Ihre jüngste Veröffentlichung ist das Sachbuch “Alles für Allah“, das im März 2019 erschien.

Im April 2017 waren Heinisch und Scholz Co-Autoren von “Kampfbegriff ‘Islamophobie’ – ‘Wissenschaft’ im Dienste des politischen Islam?” für den österreichischen Think Tank MENA WATCH. MENA WATCH befasst sich mit Israel, Antisemitismus und dem Iran und hat Inhalte von anti-muslimischen Autoren wie Hamed Abdel-Samad veröffentlicht. In ihrem Beitrag argumentierten Heinisch und Scholz, dass Islamophobie ein „Kampfbegriff“ sei, „der durchgängig dazu genutzt wird, Kritik am Islam oder an Problemen und Menschenrechtsverletzungen innerhalb muslimischer Communities abzuwehren und als „anti-muslimischen Rassismus“ zu etikettieren“. Sie behaupteten in dem Artikel auch, dass antirassistische Organisationen Kollektiv gegen Islamophobie in Frankreich (CCIF) Teil dem “europäischen Netzwerk der Muslimbruderschaft nahesteht” und bedienen damit die Verschwörungstheorie der Unterwanderung westlicher Institutionen durch den politischen Islam.

Im Jahr 2019 veröffentlichten Heinisch und Scholz einen Artikel in der deutschen FAZ mit dem Titel “Die europäische Mission des politischen Islam”. Heinisch behauptete, sogenannte Islamisten bedienten sich einer Strategie des “legalistischen Islamismus”, die darauf abziele, “unsere Gesellschaft von innen heraus zu verändern, [und] während die einen zu den Waffen greifen, um ihre Utopie zu erzwingen, begeben sich die anderen auf den berühmten Marsch durch die Institutionen.” Sie erklärten, dass “legalistische Islamisten dieselbe Utopie wie Militante mit gewaltfreien Mitteln verfolgen: Die Abschaffung der Demokratie und die Errichtung eines weltweiten islamischen Staates unter einem Kalifat.” Der Artikel wurde von anti-muslimischen Websites wie PI-News geteilt.

Im Juli 2011, nach dem antimuslimischen Anschlag von Anders Behring Breivik in Norwegen, veröffentlichte Heinisch eine Antwort auf Österreichs bekanntesten linken Autor, Robert Misik. Misik rief dazu auf, “die geistigen Brandstifter“ zu „isolieren“. In seiner Antwort kritisierte Heinisch, dass Misik Islamkritiker mit Breiviks Terrorismus in Verbindung bringe: “Die bloße Tatsache, vom Täter in seinem ‘Manifest’ zitiert worden zu sein […], delegitimiert die Kritik [am Islam] nicht.”

Heinisch hat sich ausführlich zu den Muslimbrüdern geäußert. Im März 2015 veröffentlichte er in der Tageszeitung Kurier einen Artikel mit dem Titel “Im Dunstkreis der Muslimbruderschaft”, in dem er argumentierte, dass muslimische Religionslehrer an österreichischen öffentlichen Schulen von der Muslimbruderschaft beeinflusst sein könnten. Im Mai 2019 nahm Heinisch an einem Interview für das Medienunternehmen Fisch+Fleisch über die Muslimbruderschaft mit dem Titel “Wir werden Europa erobern, ohne zum Schwert zu greifen” teil. Heinisch behauptete, dass die “Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich” von einflussreichen Muslimbrüdern gegründet wurde, eine von vielen falschen Behauptungen. Heiko Heinisch beruft sich häufig auf die Arbeiten von Lorenzo Vidino

Zu Heinischs falschen Behauptungen gehören auch Erklärungen, dass „in Schweden … Mitglieder der Muslimbruderschaft die Parteispitze der Grünen unterwandert“ hätten und dass Qatar „weltweit Lehrstühle an renommierten westlichen Universitäten, die dann mit Sympathisanten oder Mitgliedern der Muslimbruderschaft besetzt werden” finanzieren würde. Auch die Ermordung des saudischen Journalisten Khashoggi im saudischen Konsulat sei für Heinisch auf einen Konflikt zwischen dem Königreich Saudi-Arabien und der Muslimbruderschaft zurückzuführen. Heinisch behauptete: „Khashoggi stand dem Denken der Muslimbruderschaft nahe und hatte sowohl innerhalb als auch außerhalb Saudi Arabiens gute Kontakte zu dieser“. Im September 2017 wurde Heinisch vom Österreichischen Rundfunk Ö1 interviewt und antwortete auf die Frage des Journalisten, ob die Muslimbruderschaft “das politische Ziel verfolgt, aus Österreich einen islamischen Staat zu schaffen”: “Das ist ein langfristiges Ziel, natürlich. Das kurzfristige Ziel ist für sie eine propagandistisch klare Trennung in Muslime und Nicht-Muslime.”

Kurz vor den Nationalratswahlen 2017 veröffentlichte der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) einen Bericht über die Rolle der Moschee bei der Integration. Im Klappentext wurden Heinisch, Imet Memedi und ein mysteriöses “et al.” genannt, das normalerweise auf andere Autoren verweist, in diesem Fall aber nicht genannt wurde. Zusammengefasst wurden die Forschungsergebnisse mit Behauptungen wie folgt: „Während einige Imame im Einklang mit westlichen Werte predigen und gesellschaftliche Integration befürworten, lassen sich in anderen Moscheen klare Tendenzen zu einer Abwendung von der österreichischen Gesellschaft feststellen. In manchen Moscheen finden sich sogar radikale Tendenzen“.

Von 2015 bis 2017 untersuchte Heinisch mit Ednan Aslan angebliche “muslimische Kindergärten”. Wie die investigative Wochenzeitung Falter aufzeigte, veränderten Beamte des Integrations- und Außenministeriums – dessen damaliger Minister der jetzige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz war – den Inhalt der von den Forschern verfassten Akten erheblich. Die “Recherche” legte die Grundlage dafür, dass Kurz später behaupten konnte: “Die Muslime-Studie bestätigt meine Haltung. Ich fordere nach wie vor eine massive Reduzierung der Migration, die Reform des Sozialsystems, sowie konsequente Sprach- & Wertevermittlung anstatt Parallelstrukturen wie die Islam-Kindergärten.” 

Aufgrund dieser staatlich geförderten Studien wurde Heinisch zum gefragten Kommentator und Experte in vielen österreichischen Medien. Die österreichische Version von Breitbart, Addendum, gab Heinisch Raum, seine Verschwörungstheorien zu verbreiten. Diese reichten von einer Übernahme der österreichischen Muslime durch Ankara bis hin zu einem Kommentar, in dem er eine angebliche Beherrschung der österreichischen muslimischen Institutionen durch die Muslimbruderschaft behauptete, die er mit Gewalt, Terror und Unterwanderung Österreichs gleichsetzte. In dem Kommentar argumentiert er wie folgt: „Das Ziel der Muslimbruderschaft ist eine unter einem Kalifat geeinte ideale islamische Weltgemeinschaft – die „Herrschaft Gottes in der ganzen Welt“, wie es in einem Strategiepapier der Bruderschaft heißt“. In einem Addendum-Artikel, der dreizehn Lehrer an öffentlichen Schulen nannte, die angeblich mit der Muslimbruderschaft, dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan oder Milli Görüs in Verbindung stehen, diente Heinisch als Experte, um diese angeblichen institutionellen Beziehungen zu analysieren. Heinisch hat auch an mehreren Debatten von Servus TV teilgenommen, das zum Mediennetzwerk von Red Bull-Eigentümer Dietrich Mateschitz, der Stiftung Quo Vadis Veritas, gehört. Zu diesem Netzwerk gehört auch Addendum. Heinisch nahm im Juni 2017 neben dem ehemaligen Rechtsextremisten Heinz-Christian Strache an einer Podiumsdiskussion mit dem Titel “Muslime in Österreich: Was ist das Problem des Zusammenlebens?” teil. Im Juli 2017 nahm Heinisch an einer Debatte auf Servus TV mit dem Titel “Islamische Kindergärten: Wirklich nur ein Schreckgespenst?” neben dem antimuslimischen ehemaligen Abgeordneten der Grünen, Efgani Dönmez, teil.

Der ÖIF, der die antimuslimische Politik der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) maßgeblich unterstützt, hat Heinischs Recherchen nicht nur finanziert, sondern ihn auch in Gremien einbezogen. Nach der Veröffentlichung seines Berichts 2017 organisierte der ÖIF eine Podiumsdiskussion mit dem Titel “Welche Rolle spielen Moscheen für die Integration muslimischer Zuwanderer in Österreich?” An der Veranstaltung nahmen Heinisch, Susanne Schröter und Constantin Schreiber, Journalist und Autor des Buches „Inside Islam – Was in deutschen Moscheen gepredigt wird“, teil. In der Diskussion behauptete Heinisch: “In mehr als einem Drittel der von uns untersuchten Moscheen wird der Integration von Muslimen in die Gesellschaft aktiv entgegengewirkt. Wir sehen fundamentalistische Tendenzen, offenen Nationalismus und eine Ablehnung der österreichischen Mehrheitsgesellschaft und ihrer Werte.” Während einer Podiumsdiskussion an der Universität Wien im Jänner 2019, bei der das neu eingeführte Kopftuch-Verbot für Volksschülerinnen diskutiert wurde und alle Podiumsteilnehmer die Forderung unterstützten, dass junge Mädchen kein Kopftuch tragen sollten, forderte Heiko Heinisch ein generelles Verbot an Schulen. Er argumentierte, dass muslimische Schülerinnen – und nicht das Verbot – das eigentliche Problem in den Schulen darstellen. Heinisch behauptete, es gebe “Hijab-Mobbing” durch Gleichaltrige und Druck auf junge Mädchen, die kein Kopftuch tragen oder während des Ramadan nicht fasten. Der Herausgeber der katholischen Wochenzeitung Furche, Otto Friedrich, kritisierte Heinisch für seine regierungsfreundliche Position bei der Verteidigung des Hijab-Verbots. Zusätzlich zu dieser Position macht Heinisch häufig gegen die Religionsfreiheit mobil. In einem Tweet im September 2017 schrieb er: #Kopftuch als Flagge der Islamisten. Stellt sich die Frage, wann es in der #Türkei Pflicht wird.

Heinisch hat für eine Vielzahl von Randmedien wie den rechtsextremen European geschrieben. Obwohl sein linker Aktivismus in der Vergangenheit liegt, hat er auch für die von der als linksextremistisch eingestuften Nachfolgepublikation der Jungen Welt, Jungle World, ein Interview gegeben, wo er meist über die Bedrohung durch den Islamismus spricht. Im European schrieb er, dass “viele islamische Länder und Verbände sich lautstark von den Gräueltaten des IS distanzieren. Doch dahinter steckt leider mehr Kalkül als moralische Überzeugung” und wirft Ländern wie Saudi-Arabien und Katar sowohl die Finanzierung des Terrors als auch eine gewalttätige Leseart des Islam vor. Heinischs Schriften wurden von rechten Kreisen wie dem Neonazi Netzwerk Germanica Imperii, Social-Media-Websites wie AntiTodenhoefer und einem rechten Verschwörungstheoretiker beim deutschen Militär namens Hermann Mitterer zitiert.

Gleichzeitig wurde Heinisch auch von liberalen Medien wie Der Standard interviewt. In diesen Medien hat Heinisch seine anti-muslimischen Positionen als Verteidigung des Liberalismus präsentiert. In einem Interview vom April 2016 zum Kopftuchverbot in Kindergarten und Volksschule argumentierte er: „Die Schule sollte ein kopftuchfreier Raum sein. Zumindest für die Schülerinnen würde ich aus einem einfachen Grund für ein Verbot eintreten: Es mag sehr viele Mädchen geben, die freiwillig ein Kopftuch tragen, aber es gibt wahrscheinlich mehr, die es nicht freiwillig tragen. Von denen hören wir nur weniger, weil sie in den Medien nicht vorkommen, schlicht und einfach weil ein Mädchen, das zum Kopftuchtragen gezwungen wird, einer Zeitung kaum ein Interview geben kann. Um diese Mädchen zu schützen, gibt es nur eine Möglichkeit: kein Kopftuch in der Schule. Dann haben Mädchen die Möglichkeit, das Leben auch einmal ohne Kopftuch wahrzunehmen – zumindest in diesem geschützten Raum”.

Im September 2019 nahm Heinisch an einer Podiumsdiskussion der „WerteInitiative. jüdisch-deutsche Positionen“ mit dem Titel “Islamismus: Bedrohungen für jüdisches Leben in Deutschland und Gefahren für die freiheitliche Demokratie!” an der Seite von Naila Chikhi von Terre des Femmes, Michael Fischer, Chef des Verfassungsschutzes Berlin, Benjamin Strasser, MdB von der FDP, und Christoph de Vries, MdB von der CDU, Innenausschuss, teil. De Vries fällt immer wieder mit Positionen wie etwa dem Ruf nach Nichtveröffentlichung eines Berichtes des deutschen Innenministeriums zu Islamophobie auf. Er war auch Teil der Schmutzkübelkampagne von Alp Services gegen Teile der muslimischen Zivilgesellschaft für die Vereinigten Arabischen Emirate.

Nach der Tötung von vier Zivilisten am 2. November 2020 in Wien durch einen Sympathisanten des Daesh retteten zwei türkischstämmige Österreicher einem Polizisten das Leben. Heinisch denunzierte sie als Erdogan-Sympathisanten und türkische Nationalisten.

Heinisch und Scholz wurden von der Staatsanwaltschaft als Experten für ein Gutachten über die Muslimbruderschaft eingeladen, das der Auslöser für die Razzia am 9. November 2020 unter dem Namen Operation Luxor gegen angebliche “Muslimbrüder und Hamas-Terroristen” war. Beide wurden im Nachhinein als Sachverständige vom Gericht wegen Befangenheit als Sachverständige abberufen. Die Razzia, die in keinem Zusammenhang mit dem Anschlag vom 2. November stand, wurde von dem linken Aktivisten David Albrich als “rassistische Disziplinierung von Muslimen durch den Staat” bezeichnet und hatte verheerende Auswirkungen für Familien, Kinder sowie die gesamte muslimische Zivilgesellschaft. 

German translation and update: 26 August 2024 

Original English Factsheet: https://bridge.georgetown.edu/research/factsheet-heiko-heinisch/

 

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