Factsheet: Walter Rosenkranz
RELEVANZ: Walter Rosenkranz ist ein langjähriger Politiker der rechtsextremen FPÖ. Er gilt als ein mildes Gesicht und wurde 2024 zum Ersten Nationalratspräsidenten gewählt, dem zweitmächtigsten Amt in der Republik Österreich. Rosenkranz weist eine lange Historie islamophober Aussagen und Politikforderungen auf und ist transnational mit islamophoben Akteuren verbunden.
Walter Rosenkranz hat eine lange Karriere als FPÖ-Abgeordneter hinter sich. Von 2008-2019 war er Abgeordneter zum Nationalrat. Von 2013-2019 war er Landesparteiobmann der FPÖ in Niederösterreich. Von 2017-2019 während der ÖVP-FPÖ-Koalition war er Klubobmann des Parlamentsklubs. Von 2019-2024 war er Volksanwalt. 2022 kandidierte er als Bundespräsidentschaftskandidat mit Unterstützung seiner Partei. Von 2013 bis 2017 war er FPÖ- Bildungssprecher und Klubobmann-Stellvertreter. Er schloss sein Studium der Rechtswissenschaft im Jahre 1989 ab.
Rosenkranz ist Mitglied der deutschnationalen Burschenschaft Libertas. Diese ist einer sogenannten “weißen” Burschenschaft, die innerhalb der ohnehin schon weit rechts stehenden Deutschen Burschenschaft zum konservativen Flügel gezählt werden. Wie der Anti-Rassismus-Forscher Andreas Peham festhält, war die Burschenschaft Libertas, die 1860 gegründet wurde, im Jahr 1878 die erste, die aus „rassischen“ Gründen keine Juden aufnahm. Als Reaktion schrieb Rosenkranz 2012 im Burschenschafter-Jubiläumsband des FPÖ-Politikers Martin Graf (von der Burschenschaft Olympia), der studentische Antisemitismus sei dadurch entstanden, „dass überdurchschnittlich viele Juden Hörer an den Universitäten waren.“
2014 kritisierte Rosenkranz als Nationalratsabgeordneter, dass in einem Wörterbuch für Volksschulen neben deutschen Begriffen auch englische, türkische und bosnisch-kroatisch-serbische Wörter erwähnt wurden: „Müssen sich Volksschüler nun auch damit befassen, wie die jeweiligen Worte auf Türkisch heißen?“
Im Januar 2009 forderte Rosenkranz eine Anpassung des Islamgesetzes aus dem Jahr 1912. Er insinuierte dabei, dass die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich „Schülern im Unterricht antidemokratische Ansichten weitervermittelt“.
Als 2009 das Minarettverbot in der Schweiz diskutiert wurde, kritisierten Abgeordnete das Votum als eine Verkürzung von Bürger- und Grundrechten. Walter Rosenkranz vertrat die Meinung, dass „das Votum der Schweizer zu respektieren“ sei und dass „der Bau von Minaretten kein Grundrecht“, womit die Religionsfreiheit nicht angetastet werde.
Im Rahmen einer Debatte über die Innere Sicherheit im November 2016, berichtet der Pressedienst der Parlamentsdirektion Parlamentskorrespondenz über die Wortmeldungen von Rosenkranz: „Die Gefahr durch islamistischen Terrorismus brachte Walter Rosenkranz (F) zur Sprache. Seiner Ansicht nach tut die Politik zu wenig, um gegen islamistische Fundamentalisten vorzugehen. Konkret forderte er ein Verbot der Koran-Verteilungsaktion. Insgesamt ist Rosenkranz überzeugt, dass der Islam nicht zu Österreich gehört“.
Am 22. November 2016 meinte Rosenkranz im Nationalrat in Richtung des Außenministers „(…) Weil er schon einmal gesagt hat, der Islam gehöre zu Österreich, möchte ich ihm sagen: Nein, der Islam gehört nicht zu Österreich!”
Als im Mai 2017 ein Integrationspaket von der Regierung beschlossen wurde, berichtet der Pressedienst der Parlamentsdirektion Parlamentskorrespondenz über die Wortmeldungen von Rosenkranz: „Geht es um die ersten gesetzlichen Grundlagen gegen Verteilaktionen zur Verbreitung radikalen Gedankenguts kritisierte Walter Rosenkranz (F), dass das Wort “Koran” kein einziges Mal im Gesetz vorkommt. Das Problem der salafistischen Koranverteilaktionen durch eine Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) lösen zu wollen, sei ein Gummiparagraph und ließe zu viel Spielraum. “Man muss den Inhalt, den man haben möchte, auch in ein Gesetz hineinschreiben”, adressierte er an SPÖ und ÖVP“.
Im Zuge einer Debatte um Bildungsreform meinte Rosenkranz im Nationalrat berichtet der Pressedienst der Parlamentsdirektion Parlamentskorrespondenz über die Wortmeldungen von Rosenkranz im Juni 2017: „Des Weiteren wollen die Freiheitlichen islamischen Bildungseinrichtungen das Öffentlichkeitsrecht entziehen. Schulen mit mangelnder Qualität soll laut Walter Rosenkranz das Öffentlichkeitsrecht entzogen werden, wenn diese gegen das Kopftuchverbot verstoßen, das Deutschgebot nicht einhalten, unerlaubt aus dem Ausland finanziert werden oder ein frauenfeindliches Weltbild verbreiten. In den Schulen müsste auf Leistung, Anstrengung und Disziplin der SchülerInnen gepocht werden, sagte Rosenkranz und stellte die Finanzierung der Reform in Frage.“
Im September 2017 veröffentlichte Walter Rosenkranz als Landesparteichef der FPÖ in Niederösterreich eine Presseaussendung mit dem Titel „Kindergärten ohne Schweinefleisch? Die schleichende Unterordnung unter den Islam aus falscher Toleranz hat NÖ erreicht“ und meinte: „Obwohl wir genau wussten, dass das (Abschaffen von Schweinefleisch im Kindergarten) nur ein Vorwand für die Unterwerfung unter den Islam ist, wenn muslimische Kinder im Kindergarten sind. Obwohl der Ersatz aus antibiotikabelastetem Putenfleisch aus dem Ausland die eigentliche ungesunde Ernährung darstellt – nicht das Schweinefleisch von österreichischen Bauern.
Im Februar 2018 erklärte Rosenkranz in einer Presseaussendung gemeinsam mit dem Abgeordneten Harald Vilimsky zur Einsetzung einer Historikerkommission, welche sich kritisch mit der Geschichte des Antisemitismus in der eigenen Partei auseinandersetzen sollte. Dazu erklärten sie: „Wir lehnen Extremismus nicht nur ab, sondern wollen all seine Ausprägungsformen mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Argumenten bekämpfen. Insbesondere werden wir auch gegen importierten Antisemitismus und gegen jenen Extremismus auftreten, der sich aus dem radikalen Islam nährt und zusehends in Europa Ausbreitung findet“.
Im Zuge der Regierungskoalition von FPÖ und ÖVP wurde das im November 2018 das Symbolegesetz erweitert und beinhaltete nicht mehr nur gewalttätige Vereinigungen wie Al-Qaeda und ISIS, sondern auch die Muslimbruderschaft, die Grauen Wölfe, die Kurdische Arbeiterpartei (PKK), die Hamas, den militärischen Teil der Hisbollah und die kroatische Ustascha. Rosenkranz argumentierte damals: “Es geht darum, das Gutheißen der angesprochenen Ideologien unter Strafe zu stellen”.
Im März 2019 kritisierte Rosenkranz die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich und ihre Kritik an den damaligen Parteivorsitzenden der FPÖ, Heinz-Christian Strache, mit den Worten: „Österreich bleibt ein säkularer Staat und wir Freiheitliche werden alles unternehmen, damit ein staatsfeindlicher, radikaler Islamismus unterbunden wird”, betonte Rosenkranz.
2019 meinte Rosenkranz über die rechtsextreme Bewegung ‚Die Identitären‘, er habe die Aktionen anfangs als „durchaus erfrischend“ empfunden. Als im März 2019 die finanziellen Verbindungen des Attentäters von Christchurch mit der Identitären Bewegung Österreichs Thema im Parlament wurde, “bezichtigte er die Opposition, auf einem Auge blind zu sein und weder den linksextremen noch den islamistischen Terror zu sehen”. Später meinte Rosenkranz, er habe den Identitären einen gewissen Charme entnehmen können. Inzwischen seien die Identitären aber „sehr weit rechts im Spektrum“. Nachdem er im Oktober 2024 zum Ersten Nationalratspräsidenten gewählt wurde, ließ er sich zwölf Minuten lang von Philipp Huemer, dem ehemaligen Leiter der Identitären-Landesgruppe Wien, interviewen.
Im Rahmen des Bundespräsidentschaftswahlkampfs im Jahre 2022 meinte Rosenkranz, er könne sich vorstellen, die Bundesregierung zu entlassen, sollte diese an den Sanktionen gegen Russland festhalten. Auch einen Austritt aus der EU hielt er damals für denkbar.
Rosenkranz folgte im Juni 2023 einer Einladung der rechtsextremen AfD in Bayern. Im Rahmen des Treffens im bayerischen Landtag, zu dem 50 Gäste mitunter Mitglieder der Identitären Bewegung und der Burschenschaft Danubia München teilnahmen, wurde das White Power-Zeichen gezeigt.
Im Oktober 2024 wurde Rosenkranz zum Ersten Nationalratspräsidenten mit den Stimmen der Österreichischen Volkspartei gewählt. Der Erste Nationalratspräsident ist nach dem Bundespräsidenten der zweitmächtigste Politiker im Land. Er kann „Rednern das Wort verbieten und sogar Gesetze verzögern“. Der Politikwissenschaftler Arno Tausch nannte diese Wahl einen „absoluten und negativen Tabubruch“. Der Historiker Andreas Kranebitter machte darauf aufmerksam, dass Rosenkranz bekannte Nationalsozialisten in eigenen Worten als „Leistungsträger in Österreich zwischen 1918 und 1938“ bezeichnete und meint dazu: „Entweder Rosenkranz hat von den NS-Verbrechen in seiner Heimatstadt nichts mitbekommen, oder sie sind für ihn kein Grund, einen ‘Verbandsbruder’ wie Stich nicht als ‘Leistungsträger’ zu klassifizieren. Beides disqualifiziert ihn für das zweithöchste Amt der Republik.“
Nachdem Rosenkranz Nationalratspräsident wurde, erging die erste Einladung an einen Gast an Viktor Orbán, der zwischenzeitlich gemeinsam mit der FPÖ und seiner Fidesz-Regierungspartei im Sommer 2024 gemeinsam die Gruppe Patrioten für Europa im Europäischen Parlament gegründet hatte.
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