Factsheet: Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)

Published on 03 May 2024

RELEVANZ: Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) wurde 1956 als Partei von ehemaligen Nazis gegründet. Während die Partei in den ersten drei Jahrzehnten eine marginale Oppositionspartei blieb, wurde sie Mitte der 1980er Jahre zu einer der ersten (und erfolgreichsten) populistischen rechtsextremen Parteien in Europa. Die FPÖ hat sich in ihrer Politik und Rhetorik vor allem gegen Muslime und den Islam gerichtet und unterhält Verbindungen zu rechtsextremen, antimuslimischen Parteien, Bewegungen und Personen in ganz Europa, in den USA und in Israel.

Im Jahr 1949, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, gründeten ehemalige Nazis die politische Partei Verband der Unabhängigen (VdU). Laut dem Politikwissenschaftler Anton Pelinka ist der VdU eine Partei, die “von Ex-Nazis für Ex-Nazis gegründet wurde.” Im Jahr 1965 wurde die FPÖ die Nachfolgepartei des VdU. Gegründet von Anton Reinthaller, einem ehemaligen hochrangigen Nazi-Führer, war die FPÖ eine Randpartei, die sich vehement gegen die Machtteilungs-Koalition zwischen der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) und der christlich-konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) stellte.

Die FPÖ brach in den 1980er Jahren aus ihrer Randposition im politischen Parteienspektrum Österreichs heraus, als Jörg Haider (gest. 2008) 1986 die Partei übernahm. Von 1986 bis 2000 formte Haider die Partei zu einer der ersten (und erfolgreichsten) rechtspopulistischen Parteien in Europa. Haider war ein junger und charismatischer Anführer, der für die Verharmlosung von Nazi-Gräueltaten bekannt wurde. Dazu gehörte, dass er Mitglieder der Waffen-SS als „anständige Menschen mit gutem Charakter“ bezeichnete und die Konzentrationslager der Nazis „Straflager“ verharmloste.

In den 1990er Jahren mobilisierte die FPÖ unter Haiders Führung vor allem gegen sogenannte Ausländer mit türkischem, ex-jugoslawischem und afrikanischem Hintergrund. 1993 schrieb Haider in seinem Buch ‚Die Freiheit, die ich meine‘, dass die gesellschaftlichen Grundlagen des Islam unseren „westlichen Werten entgegengesetzt“ seien. Ende der 1990er Jahre war die historische Kirchenfeindlichkeit der FPÖ einer Partei gewichen, die sich als Verteidigerin des christlichen „Abendlandes“ zu bezeichnen begann und den Islam implizit als kulturelle Bedrohung verstand. Das neue FPÖ-Parteiprogramm von 1997 widmete dem Christentum als dem „Fundament Europas“ und den Traditionen des „Abendlandes“ große Aufmerksamkeit und verwies auf das „wehrhafte Christentum“.

Im Jahr 2000 wurde die FPÖ zweitstärkste politische Partei in Österreich und ging eine Koalition mit der ÖVP ein. Nach parteiinternen Streitigkeiten brach Haider mit seiner eigenen Partei, um mit dem neu gegründeten Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) in der Regierung zu bleiben, das von 2005 bis 2008 weiterregierte. 2005 wurde die FPÖ wieder zur Oppositionspartei und wählte Heinz-Christian Strache zu ihrem neuen Vorsitzenden. Strache konnte erneut Wahlerfolge für die Partei verbuchen und wurde im Dezember 2017 Vizekanzler in einer Koalitionsregierung mit der christdemokratischen ÖVP unter Bundeskanzler Sebastian Kurz. Die Koalition wurde von Bundeskanzler Kurz im Mai 2019 nach dem Ibiza-Skandal wieder aufgelöst, in dem Strache ein geleaktes Videos verwickelt war, die ihn „zeigen, wie er einer Frau, die sich als Mitglied einer russischen Oligarchenfamilie ausgibt, Regierungsaufträge im Austausch für politische Spenden verspricht.“ Nach dem Skandal wurde die FPÖ von den langjährigen Mitgliedern Norbert Hofer und Herbert Kickl übernommen. Während Kickl Haiders Redenschreiber war und als überzeugter Ideologe gilt, ist Hofer eher als das „freundliche Gesicht“ der Partei bekannt und wurde von Gegnern als „Wolf im Schafspelz“ bezeichnet. Seit Juli 2021 ist Kickl alleiniger Parteiobmann der FPÖ.

Nach der Abspaltung Haiders von der FPÖ im April 2005 konzentrierte sich die FPÖ unter der Führung von Strache stark darauf, Muslime als die neue Bedrohung der österreichischen Identität ins Visier zu nehmen. Ihre wichtigsten Wahlkampagnen konzentrierten sich nicht nur auf die Mobilisierung gegen die heimische und europäische politische Elite, sondern auch darauf, den Islam und die Muslime als fremd, rassisch unrein, kulturell anders, gewalttätig und frauenfeindlich zu bezeichnen. Spitzenpolitiker der FPÖ  sprechen sich regelmäßig gegen den Islam aus.

Im Jahr 2008 wurde die FPÖ die erste und einzige politische Partei in Österreich, die ihre Haltung gegenüber dem Islam in einem Positionspapier definierte. In dieser Plattform sprach sich die FPÖ dafür aus, die rechtliche Anerkennung des Islams auf bosnische Muslime, die sie im Gegensatz zu zugewanderten muslimischen Einwanderern als Europäer sieht, zu beschränken.

2007 begannen die FPÖ und einige Kreise innerhalb der ÖVP, das wichtigste muslimische Vertretungsorgan, die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), als einen Ort „radikal-islamischer Tendenzen“ darzustellen und zu behaupten, dass der Präsident der IGGÖ „Beziehungen zur Muslimbruderschaft“ habe. Im April 2018 behauptete die FPÖ, dass die IGGÖ aufgrund ihrer Kritik am Hidschab-Verbot der Regierung für Volksschülerinnen „Botschaften an der Grenze zum zum Politischen Islam“ predige. Im August 2019 erklärte der Jahresbericht des österreichischen Inlandsnachrichtendienstes – damals noch Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), heute DSN – zum ersten Mal in seiner Geschichte, dass „Islamistische Akteure … sich nicht ausschließlich um Angelegenheiten eines religiösen Kultus in muslimischen Gemeinden wie etwa den Betrieb von Gebetsräumen (Moscheen), das Angebot von muslimischem Religionsunterricht an Schulen, die Durchführung einer muslimischen Religionslehrerausbildung an Hochschulen oder die Organisation von muslimischen Begräbnissen in Österreich“ kümmern, was die staatlich geförderte Religionslehrerausbildung und den Islamunterricht an öffentlichen Schulen für muslimische Schüler als Bedrohung darstellt. In ihrem Grundsatzprogramm von 2008 befürwortete die FPÖ ein staatliches Verbot des Kopftuchs im öffentlichen Raum, die Überwachung islamischer Kindergärten und Schulen, das Verbot des Baus von Minaretten, die Erstellung eines jährlichen Berichts, der die „Islamisierung“ Österreichs überwacht, und den Entzug der Staatsbürgerschaft für Muslime, denen die FPÖ vorwirft, die Scharia zu propagieren (ohne sie zu definieren).

Als die FPÖ im Dezember 2017 in Regierungsverantwortung kam, setzte sie viele ihrer vorgeschlagenen antimuslimischen Maßnahmen um. Die von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache geführte Koalitionsregierung, die von Dezember 2017 bis März 2019 dauerte, definierte den Islam als ein Problem. Im Koalitionsprogramm der Regierung taucht das Wort ‚Islam‘ insgesamt 21 Mal auf. Im Jahr 2017 verabschiedete die Regierungskoalition zahlreiche antimuslimische Gesetze, darunter ein Kopftuch – Verbot für Kinder im Kindergarten, die Schließung von Moscheen (die später von den Gerichten aufgehoben wurde) und das Verbot von Symbolen wie dem Logo der Muslimbruderschaft, was eine Kriminalisierung von muslimischer Zivilgesellschaft – abseits der Muslimbruderschaft – den Boden ebnete.

Die FPÖ hat Verbindungen zu anderen rechtsextremen, antimuslimischen politischen Parteien, Bewegungen und Persönlichkeiten in Europa, Israel und den Vereinigten Staaten. 2008 war Strache Mitbegründer der ‚European City Alliance Against Islamization‘, einem losen Zusammenschluss von FPÖ und anderen rechtsextremen Parteien wie Filip De Winters belgischer Partei Vlaams Belang und Markus Beisichts regionaler deutscher rechtsextremer Partei Pro Köln, die zwischen 2004 und 2008 in verschiedenen europäischen Städten gegen eine angebliche „Islamisierung Europas“ demonstrierte. Später, im Juni 2015, schloss sich die FPÖ der rechtsextremen Gruppe Europa der Nationen und der Freiheit, die von führenden rechtsextremen Parteien wie dem französischen Rassemblement National und der italienischen Lega Nord gebildet wurde. Im Juni 2019, nach den Wahlen zum Europäischen Parlament (EP), wurde die Gruppe reformiert und in Identität und Demokratie (ID) umbenannt, und schloss auch die rechtsextreme deutsche Alternative für Deutschland (AfD) ein. Nach Berichten von Radio France Internationale sind die erklärten Ziele der ID, „die Macht an die europäischen Mitgliedsstaaten zurückzugeben, die Einwanderung zu begrenzen und die Ausbreitung des Islam in Europa zu verhindern.“ Im Oktober 2018 trafen sich führende Mitglieder der FPÖ mit dem US-Republikaner und Weißen Suprematisten Rep. Steve King.

Im Dezember 2010 nahmen Heinz-Christian Strache, der langjährige FPÖ-Politiker und Chefideologe Andreas Mölzer und FPÖ-Generalsekretär David Lasar an einer europäischen Delegation nach Israel teil, die mit Hilfe der österreichischen antimuslimischen Aktivistin Elisabeth Sabbaditsch-Wolff organisiert wurde. An der Reise nahmen auch Filip De Winter, der Vorsitzende des Vlaams Belang, hochrangige Mitglieder der deutschen Partei Die Freiheit und Kent Ekeroth, Sekretär für internationale Angelegenheiten der Schwedendemokraten (Sverigedemokraterna), teil. Die Reise gipfelte in der Unterzeichnung der Jerusalemer Erklärung, in der es heißt: „Nachdem die totalitären Systeme des 20. Jahrhunderts überwunden wurden, sieht sich die Menschheit gegenwärtig einer neuen weltweiten totalitären Bedrohung ausgesetzt: dem fundamentalistischen Islam. Wir betrachten uns als Teil des weltweiten Kampfes der Verteidiger von Demokratie und Menschenrechten gegenüber allen totalitären Systemen und deren Helfershelfern. Damit stehen wir an vorderster Front des Kampfes für die westlich-demokratische Wertegemeinschaft.“. Die Delegation wurde von Gershon Masika, dem Leiter des Regionalrates der Siedler im Westjordanland, geführt. Während der Tour erklärte Masika, dass die europäischen „Abgeordneten gegen den radikalen Islam und die Ausbreitung islamistischer Terrororganisationen kämpfen. Sie sind voll auf der Seite Israels“.

Im Oktober und November 2009 wurde Elisabeth Sabaditsch-Wolff von der FPÖ eingeladen, ein mehrteiliges Seminar in der politischen Akademie der Partei zu halten. Während der Seminare sagte Sabaditsch-Wolff: “Die Moslems lügen uns allen tagtäglich ins Gesicht. Es steht im Koran, dass sie das tun müssen”. Weiters sagte sie in dem Seminar: “Die Muslime führen einen heimlichen Dschihad. Über Einwanderung und Geburtenrate wollen sie den Islam in Europa verbreiten”. Die FPÖ hat auch andere antimuslimische Persönlichkeiten wie Seyran Ateş im November 2018, den Sympathisanten der Identitären Bewegung Michael Ley im Februar 2019 und den antimuslimischen Bestsellerautor Thilo Sarrazin im März 2019 eingeladen.

Im Dezember 2016 reiste die FPÖ nach Moskau und unterzeichnete dort einen Kooperationsvertrag mit Wladimir Putins Partei ‚Einiges Russland‘ (Jedinaja Rossija). Laut einer Analyse des Politikwissenschaftlers Anton Shekhovtsov ist ‚Einiges Russland‘ daran interessiert, die externe Legitimität von Putins Regime zu sichern, subversive Bewegungen innerhalb der europäischen Gesellschaften zu stärken und ultranationalistische Einstellungen in den europäischen Gesellschaften zu fördern, um die Europäische Union zu untergraben. Sowohl in nationalen Parlamenten wie auch im EU-Parlament enthält sich die FPÖ stets von Abstimmungen gegen Russland und fordert sogar ein Ende der Sanktionen gegen Russland (via Volksbefragung).

Übersetzt und aktualisiert am 1. Mai 2024

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