
Factsheet: Björn Höcke
RELEVANZ: Björn Uwe Höcke ist ein deutscher Politiker und Mitglied der rechtspopulistischen Partei Alternative für Deutschland (AfD), deren Landesverband in Thüringen er führt. Im Jahr 2024 gewann dieser Landesverband die Landtagswahl – das erste Mal seit der NS-Zeit, dass eine außen rechts stehende Partei eine Wahl gewann. Höcke bediente sich oftmals nationalsozialistischer Rhetorik, bezeichnete das Holocaust-Mahnmal als ein „Denkmal der Schande“ und hat zahlreiche antimuslimische Aussagen getätigt.
Björn Höcke ist ein ehemaliger Sport- und Geschichtslehrer aus Nordrhein-Westfalen. Er war einst kurzzeitig Mitglied der Jungen Union, der Jugendorganisation der Christlich Demokratischen Union (CDU). Später war er Mitbegründer des Thüringer Landesverbands der Alternative für Deutschland (AfD) und wurde 2014 in den Landtag gewählt.
In einer Rede im Jahr 2017 in Dresden kritisierte Höcke das Berliner Holocaust-Mahnmal und bezeichnete es als ein „Denkmal der Schande“. Der Politikwissenschaftler Kai Arzheimer von der Universität Mainz warf Höcke vor, NS-Verbrechen zu verharmlosen, und erklärte: „Björn Höcke … ist wirklich ein altmodischer rechtsextremer Politiker. Er ist nicht nur ein Radikaler. Er ist nicht nur gegen Einwanderung. Er ist jemand, der die deutsche Geschichte umschreiben will.“ Nach Höckes umstrittenen Äußerungen leitete der Bundesvorstand der AfD 2017 ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn ein, das jedoch vom Landesschiedsgericht der AfD Thüringen abgewiesen wurde. Höcke galt eine Zeit lang als „Belastung“ für die Partei. Die Kanzlerkandidatin und Co-Vorsitzende der AfD, Alice Weidel, die ihn zunächst ausschließen wollte, versöhnte sich später mit ihm und lobte ihn nach seinem Wahlerfolg in Thüringen. Dort wurde die AfD unter seiner Führung im September 2024 mit 32,8 Prozent der Stimmen stärkste Kraft.
Im Jahr 2016 identifizierte der deutsche Soziologe Andreas Kemper mehr als ein Dutzend Fälle, in denen Höcke NS-Rhetorik übernommen habe – darunter auch seine Forderung, Deutschland solle aufhören, für NS-Verbrechen zu büßen, und eine „180-Grad-Wende“ im Umgang mit der eigenen Vergangenheit vollziehen. Im Mai 2021 stellte ein Grün-Politiker Strafanzeige gegen Höcke wegen der Verwendung des Slogans „Alles für Deutschland“– ein Spruch, der von der nationalsozialistischen SA benutzt wurde. Höcke hatte diese Formulierung bereits mehrfach verwendet und verteidigte sich mit den Worten: „In einer Wahlkampfrede Liebe zum Vaterland auszudrücken und meine Landsleute aufzurufen, in der derzeitigen instabilen Lage alles für Deutschland zu geben, ist kein Nazi-Slogan.“ Im Mai 2024 wurde Höcke wegen der Verwendung eines NS-Slogans zu einer Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 13.000 US-Dollar verurteilt.
In einem Artikel für die Irish Times im Januar 2016 beschrieb der Journalist Derek Scally Höcke als jemanden mit einem „einzigartigen politischen Klang und Stil der Provokation“. Scally stellte fest, dass Höckes öffentliche Reden „so voll von Volk-und-Vaterland-Rhetorik“ seien, dass das deutsche Fernsehen ein Quiz ausstrahlte – was ihm zusätzliche, kostenlose Aufmerksamkeit verschaffte – bei dem Zuschauer erraten sollten, welche Zitate von Höcke stammten und welche vom NS-Propagandaminister Joseph Goebbels. Scally zitierte auch Höckes Ansichten Gegen Immigration, darunter seine Aussage, dass „Deutschland nicht verhandelbar“ sei, sowie seine Behauptung, dass Deutschland nur überleben könne, wenn es Einwanderer aufnimmt, die seine Werte teilen – nicht aber eine Religion wie den Islam mit einer „archaischen Einstellung gegenüber Frauen“.
Im Mai 2016 bezeichnete Höcke ein Moscheebauprojekt in Erfurt als ein „langfristiges Landnahmeprojekt“ und kündigte an, ein Maßnahmenpaket vorzulegen, um das Vorhaben zu verhindern. Der Widerstand gegen das Projekt begann im selben Monat mit einem Konzert unter dem Motto „Unser Land, unsere Kultur, unsere Entscheidung“. Die Veranstaltung wurde mit einer Begrüßungsrede von Vertretern der islamophoben PEGIDA-Bewegung eröffnet. Während der Kundgebung rief Höcke der Menge zu: „AfD! Nein zur Moschee!“, worauf die Menge mit „Widerstand! Widerstand!“ antwortete. Später berichteten Medien, dass die Moschee mit Schweinefleisch beworfen und meterhohe Kreuze auf dem Gelände errichtet worden seien. Lokale muslimische Vertreter erhielten Morddrohungen in sozialen Netzwerken sowie bedrohliche Anrufe.
In einer Rede im Mai 2016 sagte Höcke: „Entweder der Islam entschärft sich in Europa, oder er wird aus Europa verabschiedet“ und „Nein zur Toleranz, die in Selbstaufgabe mündet.“
In einem Interview mit CBN News im Oktober 2016 wurde Höcke gefragt: „Ich nehme an, Sie denken, ein großes Problem mit den Migranten, die nach Deutschland kommen, ist, dass sie Muslime sind?“, worauf er antwortete: „Ja, das ist ein großes Problem. Wir sind immer noch eine Nation mit christlicher Prägung. Auch wenn es viele Atheisten in Deutschland und Europa gibt, stammen unsere Werte aus einem christlichen Fundament. Der Islam ist eine Religion, die sich nie reformiert hat. Sie ist im Mittelalter stehen geblieben. Und ich, der in Europa lebt, möchte mich nicht an islamische Werte aus dem Mittelalter anpassen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir nicht Millionen von Muslimen aufnehmen und in Deutschland und Europa integrieren können.“
Im Zuge einer Auseinandersetzung um die Möclihkeit, ob Höcke trotz seiner Infragestellung der Religionsfreiheit in den Lehrdienst eintreten könne, kam ein Artikel in der WirtschaftsWoche im Mai 2016 zu dem Schluss: “Höcke lieferte in den vergangenen Wochen jedoch keinen erkennbaren Anhaltspunkt dafür, dass er uneingeschränkt zur Religionsfreiheit steht. Im Gegenteil: Gleich mehrfach stellte er offen dieses Grundrecht infrage.” Im März 2016 meinte Höcke auf die Frage, ob der Islam unter dem Schutz der Religionsfreiheit stünde: “Nein. Die Religionsfreiheit ist kein „Supergrundrecht.”
Im Mai 2016 bezeichnete Höcke den niederländischen rechtspopulistischen Politiker Geert Wilders, der für seine islamophoben Äußerungen bekannt ist, als einen „bewundernswerten Kämpfer für die Meinungsfreiheit“.
Im März 2017 sagte Ronald S. Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses: „Björn Höcke hätte niemals interviewt werden dürfen. Was er in seiner Rede in Dresden und in seinem Interview mit dem ‚Wall Street Journal‘ sagte, war absolut schockierend und abstoßend. Er klang wie ein Apologet Hitlers. Für mich ist klar, dass die AfD der extremen Rechten nach dem Mund redet. Sie spielen mit dem Feuer.“
Im Jahr 2017 stellte ein Beitrag von The Intercept fest, dass das Gatestone Institute, eine Online-Plattform, die kontinuierlich Inhalte veröffentlicht, die Ängste vor einer muslimischen Übernahme Europas und Amerikas schüren, mehrere Artikel über Höcke veröffentlicht hat. Viele dieser Artikel warnen davor, dass die zunehmende muslimische Migration nach Europa zur „Islamisierung“ des Kontinents führen werde. Der Beitrag wies außerdem darauf hin, dass Gatestone-Artikel „regelmäßig von rechtsextremen deutschen Blogs und Webforen nachgedruckt werden, die bei der Basis der AfD beliebt sind.“
Im November 2017 sprach Björn Höcke auf einer Veranstaltung des rechtsextremen Thinktanks Institut für Staatspolitik zum Thema „Ansturm auf Europa“ und behauptete, es gebe „unterschiedliche Fortpflanzungsstrategien von Afrikanern und Europäern“, die miteinander kollidierten.
Während einer Parteiveranstaltung im Januar 2018 sagte Björn Höcke: „Sobald wir an die Macht kommen, werden wir durchsetzen, was notwendig ist, damit wir frei leben können. Wir werden die Anordnung erlassen, dass nach Überquerung des Bosporus die drei großen M’s: Mohammed, Muezzin und Minarett vorbei sind, liebe Freunde!“ Außerdem erklärte er, der Islam habe seine natürliche Heimat „im Orient“ und in „Schwarzafrika“ (Sub-Sahara-Afrika).
In einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2018 schrieb Höcke, dass Deutschland in Zukunft „leider einige Bevölkerungsgruppen verlieren wird“, die „zu schwach oder nicht willens sind, sich der fortschreitenden Afrikanisierung, Orientalierung und Islamisierung zu widersetzen“, und erklärte, dass die Partei die Idee der „Remigration“ voll und offen befürworte.
Im Jahr 2019 stellte der deutsche Inlandsgeheimdienst Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) den Thüringer Landesverband der AfD – auch bekannt als „Der Flügel“ – unter Beobachtung. Grundlage dafür war ein 436-seitiger Bericht, in dem Höcke mehr als 600 Mal und der Islam mehr als 486 Mal erwähnt wurden.
Höcke gilt in den Medien weithin als „die wichtigste Persönlichkeit der Partei in ihrem östlichen Kernland“. Im Februar 2020 „löste er eine nationale Krise aus, indem er einem liberalen Kandidaten half, Ministerpräsident von Thüringen zu werden. Seit dem Zweiten Weltkrieg hatte die extreme Rechte in der deutschen Politik nicht mehr die Rolle des Königsmachers gespielt“.
In Februar 2020, nahm Höcke an der 200sten PEGIDA Demonstration in Dresden teil.
Im Jahr 2024 beschrieb ihn die französische Le Monde als “eine der radikalsten Stimmen der rechtsextremen Alternative für Deutschland”.